Früher hingen wir rum. Oder ab. Ich weiß nicht mehr, was damals genau der Jugendjargon war. Wir trafen uns am Nachmittag. Was hätte man auch sonst machen sollen? Micha, Ami und David. Manches Mal kamen noch andere dazu. Oft waren wir aber einfach zu viert. Es wurde ausgemacht, wo wir uns trafen. Meist bei Micha. Und dann erst was wir machen. Was auch nie etwas Spektakuläres war. Wir saßen so rum und überlegten gemeinsam, was man wohl tun könnte. Wir wussten nichts so recht mit uns anzufangen. An den Fluß fahren. Zum Bienenhaus. Abends ins Atomic. Skatepark. Wir hörten Musik, starrten in die Luft, es waren lange Nachmittage, die sich zogen. Es galt den Tag miteinander zu verbringen. Eine Woche hatte damals noch keiner verplant. Die Frage, was wir bis zum Abend machen, erschien schon eine große. Der Prozess des Entscheidens zog sich oftmals solange hin, dass es schon zu spät war überhaupt etwas zu tun. Ich erinnere mich an einen Nachmittag als einer entnervt loszog, weil keine Entscheidung getroffen wurde. Nach einer Stunde stand er wieder im Zimmer: „Ich habe halt keine anderen Freunde.“ Die Langeweile, das nichts mit sich anzufangen wissen. Vielleicht weil man noch nicht so genau wusste, wer man überhaupt war oder sein wollte. Aushalten. Sich selbst. Andere. Das alles.
In den letzten Tagen hatte ich immer wieder Besuch. Und wieder eine Ahnung von diesem Gefühl. Zusammen abhängen. Gemeinsam in die Stadt schlendern. Dann ist jeder in seinem Zimmer etwas vor sich hin. Dann gehen wir noch gemeinsam kurz zum Supermarkt. Das Frühstück zieht sich hin, weil es viel zu erzählen gibt und manches Mal auch nichts. Der andere geht schnell duschen. Jetzt könnte man noch etwas machen.
Das ist eine andere Art als die Verabredung für ein Abendessen. Oder ins Kino gehen. Zwei gepresste Stunden. Sich verabreden, um etwas zu tun, auf den neusten Stand bringen und ich muss dann auch los. Morgen ist ein langer Tag und ich muss früh raus. Die schönen Gespräche entstehen oft beiläufig, nebenbei, nehmen ungewohnte Biegungen, stocken.
Ein Besuch ist wie ein „wir treffen uns, dann schauen wir mal“ und selbst wenn kein Programmpunkt abgehakt wird, dann ist da dieser schöne Fluss des gemeinsamen Zusammenseins und man redet über dieses und jenes oder über nichts, über die großen Themen und die ganz kleinen. Man ist zusammen und wie immer wenn irgendwo viel Raum ist, ausreichend Freiheit, dass etwas passieren kann, tut es das auch.
Ganz ohne Anlass.